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1. Theil 2 - S. 3

1880 - Stuttgart : Heitz
Justinian. Gelimer. Belisar. 3 wäre. Da beschloß ein kräftiger griechischer Kaiser, Justinian, der um das Jahr 550 regierte (527-^-565), Italien wiederzuerobern, und es gelang ihm auch nach 'vielen und harten Kämpfen (536—555) durch seine beiden großen Generale Belisar und Narses; denn ein so großer Gesetzgeber auch der Kaiser war, so suhlte er doch, daß er kein geschickter Feldherr fei, und blieb daher klüglich zu Hause. Aber nicht allein das ostgothische Reich in Italien warf er über den Haufen, sondern er hatte vorher schon auch das vandalische Reich in Nordafrika erobert (534). Einige Züge ans diesem vandalischen Kriege sind merkwürdig. Der König der Vandalen, Gelimer, war vor dem tapfern Belisar ins rauhe Atlasgebirge geflohen. Hier fehlte es ihm an Allem, während Belisar in der Hauptstadt Karthago seinen Einzug hielt. Gelimer wurde end-. lich von einem griechischen Unterfeldherrn (Pharas) gar eng eingeschlossen. Da redete ihm dieser zu, sich dem Kaiser zu ergeben. „Wäre es nicht besser," schrieb er ihm, „daß du bei den Griechen betteln gingest, als daß du bei den Vandalen verhungerst? Füge dir doch nicht selbst größeres Uebel zu, als deine Feinde dir zufügen wollen." — Der König gab ihm die Antwort: „Ich will nicht der Sklave eines ungerechten Feindes sein, den ich mit keinem Worte beleidigt hatte und der mich doch mit Krieg verfolgt. Er ist ein Mensch wie ich; auch ihn kann noch, wie mich jetzt, die Hand des Unglücks ergreifen. Mehr kann ich nicht schreiben; die Größe meines Unglücks raubt mir die Gedanken. Lebe wohl! Ich bitte dich, sende mir eine Cither, ein Brot und einen Schwamm. Mit dem Brote will ich meinen quälenden Hunger stillen, mit dem Schwanke meine Thränen trocknen und mit der Cither meinen Gram zerstreuen." Er erhielt das Verlangte ; aber seine Noth nahm immer mehr zu; zuletzt sah er, wie seine eigenen Verwandten verhungerten, und nun erst ergab er sich. Als er mit dem Sieger Belisar zusammentraf, schlug er ein lautes Gelächter aus. Man sah ihn verwundert an und glaubte, er habe den Verstand verloren; er aber sprach: „Ich bin von königlichem Geblüt, selbst König gewesen, habe gelebt in Pracht und Ueberfluß, und nun? — Nun bin ich halb verhungert, ein elender Gefangener! Muß ich da nicht über die Eitelkeit und Vergänglichkeit aller menschlichen Hoheit lachen?" — Als man ihn nach Eonstantinopel brachte, in die kaiserliche Rennbahn führte und er vor Justinian, der im kaiserlichen Schmucke auf dem Throne saß, niederknieen sollte, ließ er keine Thräne fallen, keine Seufzer hören; aber er biß die Lippen

2. Theil 2 - S. 5

1880 - Stuttgart : Heitz
Justinian. Tribonian. Seidenbau. 5 Gewiß ist, daß er mit vor Kummer über die vielen Kränkungen starb. Von Justinian ist noch zu bemerken, daß er die schöne Sophienkirche in Constantinopel aufbaute, die noch steht und jetzt die Hauptmoschee der Türken ist. Schon Constantin hatte eine Sophienkirche erbaut; aber sie brannte ab. Da machte sich Justinian an's Werk, eine neue, noch prachtvollere bauen zu lassen, an welcher bis in's sechste Jahr täglich 10,000 Menschen arbeiteten. — Ueberhaupt zeigte Justinian großes Interesse für kirchliche Angelegenheiten und richtete hauptsächlich sein Bestreben darauf, die Einheit und Lauterkeit des Glaubens zu schützen. Besser gelang es ihm, die politischen Fractionen nieder zu schlagen. Nach den Farben der Wagenlenker in der Rennbahn (Hippodrom) hatten sie sich in die Grünen und Blauen getheilt, deren gegen-, fettige Erbitterung durch die leidenschaftliche Aufregung der Wettfahrten immer neuen Zunder erhielt. Justinian war von Anfang an ein Blauer: seine Gunst gegen diese Partei trieb die andere zu offenem Aufruhr, der beinahe die ganze Hauptstadt in Asche gelegt hätte. Als der Kaiser dem Unwesen Einhalt thun wollte, wandten sich beide Parteien gegen ihn und es kam sogar zur Wahl eines Gegenkaisers. Der Aufstand erreichte eine solche Ausdehnung, daß Justinian, an der Rettung verzweifelnd, seine Getreuen um sich versammelte und entfliehen wollte. Nur die Kaiserin Theodora behielt entschlossenen Sinn. Mit kraftvollen Worten forderte sie ihren Gemahl auf, doch lieber ehrenvoll unterzugehen, als die Flucht zu ergreifen. Da faßte auch der Kaiser wiederum Muth. Noch einmal ließ er den Belisar mit seinen Veteranen gegen die Rebellen anrücken, der Sieg wurde errungen, aber 30,000 Menschen verloren das Leben, und auch die ältere Sophienkirche war, wie erwähnt, ein Raub der Flammen geworden. (Nikaaufstaud.) Das verdienstvollste Werk Justinians ist die Sammlung aller bis dahin erlassenen Gesetze für das römische Reich, eine Arbeit, welche hauptsächlich durch den Fleiß und den Eifer des berühmten Rechtsgelehrten Tribonian in verhältnißmäßig kurzer Zeit zu Stande kam (das Corpus Juris). Ferner ist er der erste, welcher den Seidenbau in Europa eingeführt hat. Schon die Römer zu den Zeiten des August kannten seidene Kleider; aber man mußte sie aus China mit großen Kosten beziehen, und nur sehr reiche Frauen konnten sie bezahlen; Männer trugen sie anfangs gar nicht,

3. Theil 2 - S. 112

1880 - Stuttgart : Heitz
112 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. sie hineinstürzten, quoll ihnen schon das Blut entgegen, das die noch Lebenden ihren unmenschlichen Verfolgern entgegenschleuderten. Das vermag der Mensch in der Verzweiflung! — Aber die schändlichen Kreuzfahrer entgingen auch ihrer Strafe nicht. Die Ungern erschlugen die meisten; die andern kamen vor Hunger und Elend um. Was machte aber Peter indessen? Zwar hatte ihm Alexius erlaubt, bei Constantinopel Gottfrieds Ankunft zu erwarten; aber seine Schaar beging so vielen Unfug auf dem platten Lande um die Stadt herum, daß Alexius eilig eine Menge Fahrzeuge zusammenbrachte und das Gesindel nach Klein-Asien übersetzen ließ. Hier traf sie die Strafe für ihre Greuelthaten. Sie wagten sich zu weit vor in die Bergschluchten, an denen Klein-Asien so reich ist, fielen hier den lauernden Seldschuckeu in die Hänbe und würden bis auf 3000 niebergemetzelt. Walther Habenichts war unter den Tobten; er war, tapfer fechtenb, gefallen. Peter entrann mit dem kläglichen Ueberreste zurück nach Constantinopel. Dagegen benahm sich das Hauptheer, das aus dem Kerne der französischen Ritterschaft bestanb, ganz anders. Am 15. August (1096) war es, hauptsächlich unter Gottfrieds von Bouillon Leitung, aufgebrochen. Dieser Gottfried war ein Mann, der untei seinen Zeitgenossen auf eine recht ausgezeichnete Weise sich hervorthat. Damals war er erst 35 Jahre alt, galt aber für den tapfersten Ritter seiner Zeit, war dabei gelassen und bescheiden und von einer nngehenchelten Frömmigkeit. Von seiner Stärke und Tapferkeit wußte man sich viel Geschichten zu erzählen. Hier nur nur eine bavon: Als er 15 Jahre alt war, wollte ihm ein Ver-wanbter seine Güter streitig machen. Es kam zur Klage und die Richter verlangten, daß das Gottesurtheil eutscheibeu sollte. Beibe sollten miteinanber kämpfen, und erschienen auch ganz bepanzert, jeder mit Schild und Schwert bewaffnet. Der Kaiser Heinrich Iv. war selbst zugegen. Da führte Gottsrieb einen so kräftigen Hieb auf seinen Feind, daß er ihn gespalten, wenn dieser nicht geschwinb den Schilb vorgehalten hätte. An biesem zersprang sein Schwert bis nahe am Hefte, und schon gaben, alle die Sache Gottsriebs verloren; nur er nicht. Rasch fiel er seinen Gegner mit dem Stummel von Schwert an und versetzte ihm bamit einen solchen * Hieb an die Schläfe, daß er taumelnd und sinnlos zu Boden stürzte. Aber sogleich war auch Gottfrieds Feindschaft verschwunden; er sprang schnell zu, leistete dem Ueberwuudeuen die nöthige Hülfe und ruhte nicht eher, bis er ihn unter guter Pflege sah.

4. Theil 2 - S. 130

1880 - Stuttgart : Heitz
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. nommen worden, und es ließe sich viel davon erzählen, wenn wir uns nicht auf die Hauptsachen beschränken müßten. Gottfried von Bouillon und seine Begleiter hatten zwar Jerusalem erobert, aber der Sultan von Aegypten, dem das umliegende Land gehörte, ließ den Kreuzfahrern in Jerusalem keine Ruhe; denn sie konnten ihm die Umgegend nicht abnehmen, und immer näher rückte er an die Thore heran. Nie konnten die Lateiner — so nannte man gewöhnlich die in Jerusalem wohnenden Christen — das Schwert in die Scheide stecken, und die nach dem heiligen Grabe Jahr aus Jahr ein aus den Abendländern wallfahrtenden Christen wurden unaufhörlich gemißhandelt, ehe sie die Thore der heiligen Stadt erreichen konnten. Endlich traf die Lateiner ein großes Unglück: der seldschuckische Fürst von Aleppo, Nnreddin, eroberte die Stadt Edessa in Syrien, welche den Kreuzfahrern auch gehörte, und 46,000 Einwohner wurden dabei niedergehauen. Da bat der Papst die abendländischen Fürsten wieder, den bedrängten Lateinern zu Hülse zu kommen. Wirklich entschlossen sich auch zwei Fürsten dazu. Es waren der König Ludwig Vii. von Frankreich und der deutsche Kaiser Konrad Iii. Aber es wurde nicht viel ausgerichtet. Sie zogen zwar 1147 aus, kamen auch nach Klein-Asien, hatten aber mit so vielem Ungemach zu kämpfen, daß Konrad schon hier nach Constantinopel wieder umkehrte. Ludwig ging zwar vollends bis Palästina, wohin auch Konrad zur See ihm nachfolgte, aber ohne daß beide der Sache der Lateiner etwas helfen konnten. Nach zwei Jahren kehrten beide unverrichteter Sache in ihre Länder zurück. Daher geschah denn das, was man lange gefürchtet hatte — Jerusalem wurde 1187 von den Ungläubigen den Christen entrissen. Saladin, Sultan von Aegypten, ein höchst mnthiger und dabei edelmüthiger Krieger, hatte es eingenommen. Als diese Nachricht nach den Abendländern kam, entstand ein allgemeines Wehklagen. Es war, als wenn jeder sein Liebstes verloren hätte, und wenig fehlte, daß nicht gleich ganze Haufen wieder nach Palästina gezogen wären. Aber so schnell ging es nicht; man wußte nun schon, daß ein solcher Zug mehr als eine Lustreise sei. Damals (fast 100 Jahre nach dem ersten Kreuzzuge) regierte in Deutschland ein alter ehrwürdiger Kaiser, Friedrich I. von Hohenstaufen (1152—90). Man nannte ihn gewöhnlich den Rothbart oder Barbarossa, weil er einen langen röthlichen Bart hatte. Dieser Mann vergaß über dem Schmerze wegen des

5. Theil 2 - S. 115

1880 - Stuttgart : Heitz
Erster Kreuzzug. 115 Menge von Menschen machte es schwer, alle mit Lebensrnitteln zu versorgen. Nun ging überhaupt das Elend erst recht an. Klein-Asien ist mit Bergrücken durchzogen, fast nirgends eben; überall nur Berge und Thäler. Und sobald die Kreuzfahrer durch ein enges Felsenthal zogen, waren auch die verschmitzten Seldschncken, die jeden Weg genau kannten, gleich da, fielen aus Hinterhalten hervor, schnitten ihnen die Zufuhr ab und ließen ihnen Tag und Nacht keine Ruhe. Gegen solchen Feind half nicht einmal die heldenmüthigste Tapferkeit viel; denn wurde er auch in die Flucht getrieben, so konnte man ihn auf seinen leichten Pferden nicht einholen , und ehe man es sich versah, war er schon wieder in der Nähe. Dazu gesellte sich nun noch die große Noth an Lebensrnitteln und zuweilen selbst an Wasser. Denn die Seldschncken hatten absichtlich alle Ernten verbrannt, alle Mühlen zerstört, kurz, das ganze Land vor den Kreuzfahrern zu einer Einöde gemacht, um ihrem verhaßten Feinde auch noch die Qualen des Hungers über den Hals zu schicken. Da war es denn kein Wunder, wenn im Heere der Kreuzfahrer bald der drückendste Mangel eintrat. Obendrein war es Sommer. Die Sonne schoß senkrecht ihre brennenden Strahlen auf die blanken Rüstungen der Kreuzfahrer herab, die darunter ersticken zu müssen glaubten. Am glühendsten war die Hitze in den engen Thälern und Bergkesseln, in denen die Sonne alles Gras versengt hatte. Manche verloren den Verstand von der Einwirkung der glühend wehenden Luft, andere sanken ermattet zu Boden. Die Reiter richteten sich in den Steigbügeln in die Höhe, um nach einem erquickendem Lüftchen zu schnappen. Man sah Mütter neben ihren lechzenden Sguglingen sterbend auf dem glühenden Boden sich wälzen, und Hunde jagten keuchend auf dem Felde vergebens nach einer Quelle umher. Fast alle Pferde starben vor Mattigkeit und Durst; die Ritter mußten zu Fuß weiter ziehen, wenn sie es verschmähten, auf Ochsen zu reiten, und das Gepäck bürdete man Widdern oder Schweinen auf. Schon hielten alle sich für verloren, als sie noch glücklicherweise einen Fluß fanden. Aber nun hätte man sehen sollen, mit welcher Gier die armen verdursteten Leute auf das Wasser losstürzten! Nicht wenige tranken so unvorsichtig und in solchem Uebermaße, daß sie daran starben. Ein andermal hätte das Kreuzheer beinahe den trefflichen Gottfried von Bouillon eingebüßt. Er ritt eines Tages, leicht bewaffnet, in einem kühlen Walde spazieren. Plötzlich traf sein Ohr der Hülferuf eines Menschen. Er eilte dem Tone nach und finde

6. Theil 2 - S. 116

1880 - Stuttgart : Heitz
116 «mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. einen Kreuzsoldaten, der beim Holzhauen von einem'grimmigen Bär überfallen worden war. Ohne sich zu besinnen, geht er dem Ungethüme mit dem Schwerte zu Leibe; sogleich läßt der Bär den Soldaten los und fällt über Gottfried her. Dieser verwundete ihn mit dem Schwerte, aber ohne ihn zu todten. Durch die Wunden noch wüthender gemacht, stürzt sich das wilde Thier auf ihn, umklammerte ihn mit seinen Vordertatzen und reißt ihn vom Pferde zu Boden. Mit ungeheurer Kraft macht sich zwar der Held aus der entsetzlichen Umarmung los und rennt dem Thier sein Schwert in die Seite. Aber auch hiervon noch nicht todt, greift ihn der Bär von neuem an, zerfleischt ihm den einen Schenkel und kaum ist Gottfried, nun schon ermattet, noch im Stande, das Ungeheuer von sich abzuwehren. Zum Glück kommt eben in der höchsten Noth ein Ritter herangesprengt, herbeigerufen von dem Hülferuf des Soldaten und dem Brüllen des Thieres, dem nun der Rest gegeben wird. Aber Gottfried war so erschöpft von Angst, Anstrengung und Blutverlust, daß er auf einer Trage ins Lager zurückgebracht werden mußte. Endlich hatten die Kreuzfahrer Klein-Asien durchzogen und wendeten sich rechts nach Syrien. Da stellte sich ihnen eine große Stadt dar, Antiochia hieß sie. Im ersten Rausche des Muthes schwuren sie, sie nicht unerobert hinter sich lassen zu wollen. Aber die Mauern waren so dick und so fest, und der Feind darin so hartnäckig und kriegerisch, daß die Kreuzfahrer weit über ein halbes Jahr davor liegen mußten. Da zeigte sich nun schon wieder all das grenzenlose Elend, welches Hunger, Beschwerde jeder Art, Seuchen und Sinnlosigkeit hervorzubringen vermögen. Die heilige Schwärmerei, welche die Kreuzfahrer bei Clermont gezeigt hatten, war verschwunden und alle hatten längst schon den Gedanken, das Kreuz genommen zu haben, verwünscht. Mit welcher Sehnsucht dachten nicht die meisten an die behagliche Ruhe, niifber sie daheim bei Weib und Kindern sich gepflegt hatten! Diese Unlust zeigte sich selbst bei einigen der Fürsten,, und man muß sich wundern, wenn man sieht, wie diese Leute, statt durch Einigkeit sich die Beschwerden leichter zu machen, sich beneideten, ja manchmal feindlich behandelten und dadurch die Eroberung des heiligen Grabes verzögerten. Nur Gottfrieds große Seele war über die kleinlichen Leidenschaften weit erhaben. Unter denen, die im Lager verdrießlich umherschlichen, war auch Kukupeter. Er hatte sich längst weggesehnt; auch verdroß es ihn, daß man so wenig Kenntniß von ihm nahm und ihn

7. Theil 2 - S. 118

1880 - Stuttgart : Heitz
118 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. im Sattel und zum Grausen aller, die es sehen, rennt der wild gewordene Gaul mit dem Blute seines Herrn überschüttet nach der Stadt zurück. Diese That klingt fast unglaublich, ist aber angesichts beider Heere geschehen und durch mehrere Augenzeugen einstimmig erzählt worden. So herrlich, wie hier durch glänzende Tapferkeit, ragte Gott-frieb auch durch Tugend des Herzens über seine Gefährten weit hervor; denn so wie unter den Fürsten Neid und Eifersucht, so herrschte unter den Gemeinen eine große Verworfenheit. Kein Wunder, da ja die Hefe des Pöbels sich unter ihnen befand! Hier nur ein Beispiel statt vieler. In dem eben erwähnten Gefechte hatten die Seldschuckeu an 5000 Mann verloren; von den Mauern der Stadt hatten die Mütter und Weiber mit angesehen, wie die Ihrigen hingewürgt wurden, hatten sich vor Schmerz die Haare zerrauft und die Luft mit ihren Wehklagen erfüllt. In der nächsten Nacht aber begruben sie die ihnen theuern Todten, und gaben ihnen den besten Schmuck, die schönsten Kleider und die in der Schlacht getragenen Waffen mit ins Grab! In unsern Zeiten hätte ein edelmüthiger Feind nicht nur die Trauer der Armen nicht gestört, sondern sie selbst von Herzen bedauert. (Man denke dabei an Achilles und Priamos.) Nicht so die Kreuzfahrer. Am nächsten Morgen stürzten sie auf die frischen Leichenhügel los, störten mit unmenschlicher Wuth die stille Ruhe der Todten, verstümmelten diese und raubten die in den Gräbern gefundenen seidenen Kleider, die sie, manche drei oder vier übereinander, geschwind anzogen, um ihre Lumpen zu ersetzen, und so stolzirten sie, die weinenden Mütter und Weiber laut verhöhnend, vor den Mauern der Stadt herum. Endlich wurde Antiochia durch Verrath eingenommen. Daß es da wieder entsetzliche Scenen gab, braucht nicht erst gesagt zu werden; denn die Kreuzfahrer hielten es nicht nur nicht für Unrecht, die Ungläubigen zu berauben und zu morden, sondern sie glaubten dadurch gar Gott einen rechten Dienst zu erweisen. Zehntausend sollen von ihnen gemordet worden sein. Aber die Strafe für die hier verübten Greuelthaten blieb nicht aus. Kaum hatten sie sich in Antiochia eingerichtet, als Kerboga, der Fürst von Mosnl, mit einem Heere von einigen Hunderttausenden herbeiströmte und die Stadt ganz und gar einschloß. Er hatte sich aufgemacht, um seinen Glaubensbrüdern, den Antiochiern, zu Hülfe zu kommen. Zwar kam er zum Entsatz der Stadt zu spät, nicht aber, die Kreuzfahrer aus ihrer Ruhe aufzuschrecken. Diese hatten an einen solchen

8. Theil 2 - S. 123

1880 - Stuttgart : Heitz
Erster Kreuzzug. Eroberung von Jerusalem. 123 doppelte, hohe und starke Mauer und 60,000 wehrhafte Vertheidiger ; die Kreuzfahrer selbst aber waren nicht stärker, so sehr war das ungeheure Heer zusammengeschmolzen, und von den 100,000 Pferden, die beim Eintritte in Klein-Asien noch gezählt wurden, waren jetzt nur 1500 übrig! — Die Ungeduld der Kreuzfahrer war so groß, daß sie ohne Belagerungsmaschinen schon am fünften Tage gegen die Mauer anliefen; natürlich wurden sie mit blutigen Köpfen abgewiesen. Nun aber zerstreute sich das Heer. Alle, jung und alt, fällten Baumstämme, schleppten sie aus weiter Ferne herbei und halsen Kriegsmaschinen bauen. Bald erhoben sich auch zwei hohe hölzerne Thürme, die durch Räder fortbewegt werden konnten und aus drei Stockwerken bestanden, von deren mittlerm eine Fallbrücke nach der Stadtmauer hinübergeworfen werden konnte. Endlich war alles zum Sturme bereit. Da wurde dem ganzen Heere ein allgemeiner Bußtag angesagt. Nachdem sich alle mit ihren Widersachern versöhnt hatten, zogen sie in feierlicher Procession, die Geistlichen mit dem Kreuze voran, rings um die Stadt herum, unter feierlichen Gesängen, und flehten den Allmächtigen um Beistand an. Aber auf den Mauern standen die Sarazenen und verspotteten die heiligen Gebräuche. Sie äfften die Geberden der Umgehenden nach und warfen Pfeile und Steine in die Reihen der Andächtigen. Nichts empört unser Gemüth so tief, als wenn unsere Religion verspottet wird. Daher entbrannten die Herzen der Kreuzfahrer vor Wuth gegen die nichtswürdigen Türken und waren nun des Beistands des Himmels gewiß. Die Nacht wurde unter Gebeten und Beichten hingebracht und am andern Morgen, den 14. Juli 1099, begann der Sturm. Daß die Kreuzfahrer mit wüthendem Grimme angelaufen sind, versteht sich von selbst; aber alle Tapferkeit half nichts Legen die verzweifelte Gegenwehr der Belagerten. Diese schleuderten Pfeile, Steinmassen, Balken, ja siedendes Pech auf die Köpfe der Anrennenden herab, und als der Abend hereinbrach, mußten sich diese zurückziehen. Am folgenden Tage wurde der Angriff mit verstärkter Wuth erneuert. Aber alles vergebens. In Strömen rinnt der Schweiß von den erschöpften Kreuzfahrern; vor Mattigkeit sinken ihnen die Kniee zusammen und auch dem Tapfersten fällt der Muth. Schon durchläuft ein Gemurmel die Glieder, daß hier alle Anstrengung vergebens und nur in der Flucht Rettung zu suchen sei. Da erscheint plötzlich aus der Spitze des Oelbergs ein gewappneter herrlicher Ritter in weißstrahlender Rüstung. Den glänzenden Schild streckt er aus über

9. Theil 2 - S. 153

1880 - Stuttgart : Heitz
Bernhard von Clairvaux. Friedrich I. 153 finden. Ich bin bereit, ihm zu dienen, wie ich durch dich von ihm aufgefordert werde." Sogleich nahmen viele mit ihm zugleich das Kreuz, unter andern der junge Friedrich von Hohenstaufen, des Einäugigen Sohn. Am Sonntage darauf als Bernhard wieder predigte, war der Zudrang fo groß, daß der kleine schwache Mann beinahe erdrückt worden wäre, wenn ihn der Kaiser nicht auf seinen Arm genommen und so zur Kirche hinausgetragen hätte. Der Zug setzte sich von Regensburg aus in Bewegung. Bis nach Constantinopel kam man glücklich; aber der griechische Kaiser Manuel Comnenus glaubte, man sei nur gekommen, um ihm sein Reich zu nehmen, und darum gab er den Kreuzfahrern Wegweiser mit, die sie in Klein-Asien den Seldschncken gerade in die Hände führen mußten. Die Folge davon war, daß fast alle erschlagen wurden und Konrad kaum mit dem zehnten Theile sich retten konnte. Auf dem Rückwege traf er mit dem Könige Ludwig Vii. und dessen Heere zusammen. Konrad erzählte, wie es ihm ergangen sei, und weinend sanken sich die beiden Könige in die Arme. Die Franzosen zogen weiter und hatten in Klein-Asien fast dasselbe Schicksal. Ludwig gelangte nur mit Wenigen nach Acre in Palästina. Indessen hatte sich Konrad in Constantinopel von seiner Erschöpfung etwas erholt und eilte zu Schiffe dem Ludwig nach. Aber auch hier wollte ihnen nichts gelingen, und nachdem sie eine Zeitlang vergebens vor Damaskus gelegen hatten, kehrten beide mißmuthig nach Europa zurück. Als sie nun dem Bernhard vorwarfen, er hätte ihnen ja einen glücklichen Ausgang geweissagt, so antwortete er: „Ja seht, auch die Widerwärtigkeiten kommen von Gott, und die Üebereiluugen der Fürsten und die schlechten Sitten der Kreuzfahrer haben den Zorn des Himmels herbeigeführt." Dagegen ließ sich freilich nichts sagen. Zwar hinterließ Konrad einen Sohn; da dieser aber erst sieben Jahre alt war, so wählten die Deutschen seinen Neffen, den Sohn jenes obenerwähnten Friedrich des Einäugigen von Hohenstaufen. Friedrich I. Barbarossa oder Rothbart, als den würdigsten (1152—90). Er war ein edelgesinnter, muthvoller kräftiger und frommer Mann, dessen freundliches und doch edles Aussehen schon die Herzen gewann. Nur schade, daß er säst seine ganze Kraft auf die Bezwingung der lombardischen Städte gewendet hat, wobei Deutschland natürlich leiden mußte. Eine seiner ersten Handlungen war, das welfische Haus mit dem ghibellinischen dadurch zu versöhnen, daß er Heinreich dem

10. Theil 2 - S. 269

1880 - Stuttgart : Heitz
Eroberung Constanünopels. 269 das erste Werk, welches den Namen der Drucker und die Jahreszahl (1457) trägt, nur noch in sechs oder sieben Exemplaren. Fust starb endlich in Paris, wohin er gegangen war, um seine Bibeln zu verkaufen, an der Pest. Uebrigeus waren die ersten Bibeln noch sehr theuer. Fust nahm für eine 100—200 Gülden, welchen Preis man damals für sehr gering hielt. Keiner ärgerte sich mehr über ihn und die neue Erfindung, als die Mönche, die nun den Gewinn, den sie aus dem Abschreiben gelöst hatten, ganz verloren; denn man konnte nun die Bücher mehr als zehn Mal so wohlfeil kaufen. Natürlich hatten sich die Erfinder alle Mühe gegeben, ihre Kunst geheim zu halten. Es glückte ihnen nicht lange. 1462 wurde die Stadt Mainz irt einer Fehde erobert; die Druckergehülfen zerstreuten sich fliehend und trugen ihre Kunst an andere Orte. Um 1500 waren schon in allen großen Städten Europas Druckereien angelegt. 77. Eroberung Constantinopels durch die Türken, 1453. Schon seit 476 war das abendländische römische Kaiserthum umgestürzt worden. Das griechische oder morgenländische dauerte noch immer fort, aber ohne Kraft und Ruhm. Der Geist der alten Griechen war aus den Bewohnern des alten Griechenlands fast ganz gewichen; es war ein feiges, lasterhaftes, verweichlichtes Volk, und seine Kaiser waren so, wie das Volk es verdiente: grausam, tyrannisch, stolz, lasterhaft und feige. Selten zeichnete sich unter ihnen einmal ein kräftiger Mann aus. Dabei waren beständige Unruhen. Viele Kaiser wurden ermordet, oft von ihren eigenen Verwandten. So war es denn kein Wunder, wenn es endlich den Angriffen der Türken unterlag. Dieses Volk, das ums Jahr 1300 aus den Seldschucken hervorgegangen war, indem Osman in den Bergen des Taurus einen kriegerischen Haufen sammelte, hatte sich nach und nach Klein-Asiens bemächtigt, war dann nach Europa übergegangen, und hatte hier und da schon Stücke von Griechenland an sich gerissen. Sultan Mnrad machte Adrianopel zur Residenz (1360). Man erschrack in ganz Europa über die nahende Gefahr, und in der That waren die Türken damals so kriegerisch und zugleich so eroberungssüchtig, daß das Schlimmste zu befürchten war. Vergebens bat der griechische Kaiser (Johannes) die Fürsten des Abendlandes, namentlich den Papst (Urban V.) um Hülse. Dieser erbot sich dazu, wenn
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